Das Zuhause brennt. Die Familie, in alle Richtungen zerschlagen. Sie werden getrennt. Sie werden gejagt. Sie werden geschlachtet. Es ist heiß. Es ist laut. 4,2 Millionen Quadratkilometer Wald verschwunden. Kostbarer Lebensraum.
Das Zuhause brennt. Damit alles möglich ist. Die Menschheit springt von einem globalisierten Höhepunkt zum nächsten. Kona Kaffee von Hawaii, Palmöl aus Brasilien für unsere unverzichtbare Schokocreme, Kobalt aus dem Kongo für unsere Handys, glänzendes Teakholz aus Myanmar für unsere Luxusyachten und zartes Straußenfleisch aus Australien. Ein Besuch auf Amazon und morgen ist das Päckchen da. Es geht so einfach. Zu einfach.
Aus den Augen aus dem Sinn
Viele Tiere sind bereits verschwunden, einfach ausgelöscht. Bald auch aus unserem Gedächtnis. Der Schomburgk-Hirsch ist schon seit 1938 ausgestorben. Sein Lebensraum in Thailand war zu klein geworden, da die Sumpfgebiete in Reisanbauflächen umgewandelt wurden. Das letzte Exemplar verstarb in Gefangenschaft.
Ähnlich ging es auch dem aus Australien stammenden Beutelwolf. Wir kennen die Art auch als tasmanischer Tiger. 1936 starb das letzte Tier ebenfalls in Gefangenschaft. Davor wurden sie von Siedlern bis an die Grenzen Tasmaniens gejagt und getötet.
Auch zum Artensterben des chinesischen Flussdelfins hat der Mensch beigetragen. Der Süßwasserdelfin gilt seit 2004 als ausgestorben. Fischernetze machten es den Delfinen in ihrem Habitat sehr schwer. Der massive Schiffsverkehr und die Wasserverschmutzung im Dongting-See und dem Jangtsekiang, dem größten Fluss Asiens, taten das Übrige.
Damit aber nicht genug: Der Schwertstör wurde 2020 als ausgestorben erklärt. Er war der einzige Vertreter seiner Gattung und ein lebendes Fossil. Eine Tragödie für die Evolutionstheorie. Seine Bestände wurden durch Überfischung dezimiert. Zuletzt wurde er nur noch im Jangtse gesichtet. Dort war aber sein Lebensraum durch den Bau des Gezhouba Wasserkraftwerkes unterteilt worden. Dies hatte schwerwiegende Folgen, da der Schwertstör normalerweise in seine Laichgebiete wandert. Alle Versuche, die Gattung zu retten, scheiterten.
Es war zu spät
Noch nicht zu spät ist es für die bedrohten Tierarten. Jedes Jahr wird die Rote Liste länger und länger und länger. Immer wieder braucht ein neues Tier unsere Aufmerksamkeit. Die einstigen Überlebenden der Uhrzeit, die Nashörner, wurden so stark gejagt, dass es heute von den Java-Nashörner nur noch 68 Exemplare gibt. Alle leben in einem Nationalpark. Ein starker Abstieg für ein Tier, das schon vor 65 Millionen Jahren vor Christus über die Erdkugel wanderte.
Bangen müssen wir auch um 53 Primatenarten vom afrikanischen Festland. Zu ihnen gehören die Stummelaffen. Von ihnen sind alle 17 Arten vom Aussterben bedroht. Durch illegale Jagd und Zerstörung ihrer Lebensräume ist auch hier wieder der Mensch verantwortlich.
Auch vor den Meeren macht das Artensterben nicht halt. Von dem Glattwal Eubalaena glacialis soll es nur noch weniger als 250 erwachsene Tiere geben, Stand 2018. Schiffsverkehr, Fischernetze und höhere Wassertemperaturen machen es den Walen schwer. Oft kollidieren sie mit Schiffen oder verheddern sich in Leinen und Netzen.
Kein Entrinnen
Viele Tigerarten sind schon seit Jahren vom Aussterben bedroht. Eine davon ist der sibirische Tiger. Wissenschaftler vermuten, dass es von ihnen nur noch weniger als 500 Exemplare gibt. Sie kommen überwiegend im fernen Osten Russlands vor. Am Beispiel des Tigers zeigt sich jedoch, was sich positiv verändern kann, wenn man Tierschutz betreibt. In Nepal konnte sich die Anzahl der Tiere von 2009 bis 2018 auf 235 Tiger verdoppeln.
Gerade erst entdeckt und schon vom Aussterben bedroht
So steht es um viele Tierarten. Immer noch werden regelmäßig neue Arten klassifiziert. So zum Beispiel die Hochland-Mangaben, eine Primatenart, die erst seit 2005 bekannt ist. Die Affenart kommt im afrikanischen Regenwald vor. Es gibt aber jetzt nur noch 1000 Tiere. Ihr Lebensraum wird durch Abholzung zu stark zerstört.
Das Amazonas-Gebiet bereitet vielen Wissenschaftler*innen Kopfschmerzen. Schließlich sind viele Teile noch Terra incognita, unerforschtes Gebiet und bieten ein Heim für uns noch unbekannte Lebewesen. In den vergangenen Jahren wurden über 1200 neue Tier- und Pflanzenarten in diesem Gebiet entdeckt. Wissenschaftler befürchten jetzt, dass viele aussterben könnten, bevor sie von uns Menschen wahrgenommen wurden. Keine unbegründete Angst. Schließlich wird jede Minute eine Fläche von drei Fußballfeldern abgeholzt und mit ihr die Tierwelt zerstört.
Das Zuhause brennt – und wir sind schuld
Unser Lebensstil hat einen Preis. Diesen Preis müssen wir (noch) nicht zahlen. Das tun die Tiere. Unfreiwillig. Jährlich verbraucht jeder Deutsche mehr als 251 kg Papier. Dieses besteht vielfach aus Holz von Bäumen aus dem Regenwald. Verwendet wird es zum Großteil für Wegwerfprodukte wie Versandverpackungen und kurzlebige Printerzeugnisse. Damit ist aber nicht genug.
Die Welternährungsorganisation erwartet, dass wir im Jahr 2030 weltweit mehr als 330 Millionen Tonnen Soja produzieren werden. Diese Menge wird dringend für das Futter von Tieren in Massentierhaltung in aller Welt gebraucht. Deutschland ist der Schlachthof Europas. Im Jahr 2019 wurden 53,2 Millionen Schweine in Deutschland geschlachtet. Die Tierhaltung setzte insgesamt rund 10,91 Milliarden Euro um. Wieso also was ändern? Was der Wirtschaft nicht hilft, hat keine Bedeutung für uns. Wovon ich nicht profitiere, kann mir egal sein.
Sind wir Menschen wirklich so selbstsüchtig?
Das Zuhause brennt. Und es brennt stetig. Die Zukunft der Tiere sieht düster aus. Sie ist unsicher und liegt in unseren Händen. Wir können es löschen. Wir können sie retten. Dafür müssen wir uns einfach zurückbesinnen. Klar ist: Während wir die Furcht vor den Tieren abgelegt haben, haben wir auch gleichzeitig die Ehrfurcht verloren. Aber jedes Säugetier, jeder Vogel und jedes Insekt ist wichtig. Alles was kreucht und fleucht, mag es noch so klein und unbedeutend wirken, hat seinen festen Platz in der Tierwelt. Ganz abgesehen davon: Die Tierwelt ist ein fantastisches Wunder.