Designer Porträt: Jil Sander
Simpel – schick – stilvoll. Klassische, gerade Schnitte. In der Zeit des gesteigerten Bewusstseins für Nachhaltigkeit sind das alles Eigenschaften, die Kleidung haben sollte. Mode, die zeitlos ist und sich immer wieder neu miteinander kombinieren lässt. Gerne auch im Lagenlook. Weniger ist halt mehr.
Die Hamburgische Modedesignerin Jil Sander hat, wie keine andere, diesen Look geprägt. Sie ist in einfachen Verhältnissen aufgewachsen. Mode hat sie schon immer geliebt. Schnell wusste Jil, die eigentlich Heidemarie Jiline Sander heißt, dass sie auch beruflich in diese Richtung gehen möchte. In Krefeld wurde sie zur Textilingenieurin ausgebildet. Während ihrer Auslandssemester an der UCLA konnte sie sich von der Leichtigkeit des Kalifornischen Lebensstil inspirieren lassen. Zurück in Deutschland machte sie erste Erfahrungen als Modejournalistin bei der „Petra“ und der „Constanze“. Doch die Aufgaben befriedigten sie nicht. Die Kreationen der Designer, die sie tagtäglich sah, inspirierten sie, ihre eigenen Ideen umzusetzen. Also versuchte sie ihr Glück.
"Ich wollte cool und androgyn sein. Mir gefiel das englische Herrentuch, nicht die wesenlosen Damenstoffe."
1968 eröffnete sie im feinen Hamburger Stadtteil Pöseldorf ihre eigene Boutique. Um den Kredit zu erhalten, musste sie ihr Auto verkaufen. Aber sie hat es trotzdem gewagt. Sie bot Mode von Thierry Mugler und Sonia Rykiel in Kombination mit ihren eigenen Kreationen an. Fünf Jahre später war ihre erste Kollektion in ihrer Boutique verfügbar. Die von ihr gemachte Mode spiegelt ihren persönlichen Geschmack wider. „Ich wollte cool und androgyn sein. Mir gefiel das englische Herrentuch, nicht die wesenlosen Damenstoffe“.
Sie hatte Erfolg. Natürlich mit ein paar Auf und Abs. 1975 konnte sie ihre Mode in Paris präsentieren. Doch zwischen all der farbenfrohen und extravaganten Mode ging Jil Sanders minimalistische Kollektion unter. 1979 erschien ihre eigene Kosmetiklinie. Diese erwies sich als sehr lukrativ. Die schwierigen Anfangsjahre konnte sie nun endgültig überwinden.
Der Hosenanzug gehört in den Kleiderschrank jeder Frau.
Später präsentierte sie in Paris ihren typischen Zwiebellook. Die Kollektion bestand aus verschiedenen Teilen, die flexibel von jeder ihrer Kundinnen kombiniert wurden, sind. Durch die Emanzipation der Frauen konnte die Mode in den 80er Jahren vor allem Businessfrauen begeistern. „Kleidung muss eine Frau auch stärken, ihre Haltung demonstrieren“. Die Mode soll nicht behindern oder einschränken. Der Hosenanzug gehört in den Kleiderschrank jeder Frau.
Die Erfolgssträhne von Jil Sander ging weiter. 1998 ging die Marke an die Börse und war international erfolgreich. Sie eröffnete Flagship-Stores auf der ganzen Welt, die sie zum Teil selbst gestaltete. Die „Queen of Less“ war geboren. Auch wenn sich Jil Sander selber nie als Queen bezeichnen würde. Sie meidet jeden Mittelpunkt. Ist scheu und zurückhaltend. Auf offiziellen Terminen erscheint sie nur kurz.
Auf dem Höhepunkt ihres Erfolges verkauft sie ihre Marke im Jahr 1999 an die Prada-Gruppe und verließ anschließend ihre Firma ein Jahr später. Es gab Probleme mit der Geschäftsleitung. Doch schon 2003 kehrte sie als Kreativdirektorin zurück. Nur um 2004 erneut zu gehen.
Besonders erfolgreich war sie nun mit ihrer Kollektion +J, die sie für das japanische Modelabel Uniqlo designte. Es gelang ihr damit, Qualität und Preis miteinander zu verbinden. Doch so richtig trennen konnte sie sich von der Marke „Jil Sander“ nicht und kehrte 2012 erneut zurück. Sie verließ sie aber nur ein Jahr später. Diesmal aus persönlichen Gründen. Ihre Lebensgefährtin Angelica Mommsen, genannt „Dicky“ war erkrankt.
Heutzutage hat sich die 76-Jährige weitestgehend aus der Modewelt entfernt. Im Jahr 2017 wurde die Ausstellung „Jil Sander. Präsens“ in Frankfurt eröffnet. Diese hatte sie selbst vorbereitet.
Bis heute gilt Jil Sander als eine der international renommierten Modedesignern Deutschlands. Durch sie wurde die deutsche Mode revolutioniert. Sie war ihrer Zeit voraus. Die Laufstege in diesem Jahr werden von androgynen und puristischen Schnitten dominiert. Simpel und zeitlos. Das alles hat Jil Sander schon vor 40 Jahren getan.